Willkommen im Clubhouse - Eine App mit Möglichkeiten?

Jana Sophie Otte

 

 

Jana Sophie Otte | Queen of Content | 18.01.21

Spätestens seit dem letzten Wochenende ist sie hype: Die neue Social Media-Plattform Clubhouse macht durch ein Konzept auf sich aufmerksam, das die Generation Y noch aus Schüler/StudiVZ Zeiten kennt -nur wer auf die App von einem anderen Nutzer eingeladen wurde, darf sie sofort nutzen. Für alle, die nicht dieses exklusive Privileg haben, geht es erst einmal auf die Warteliste. Doch was macht die App neben diesem Marketingclou so interessant, dass einige User berichten, das gesamte Wochenende auf ihr verbracht zu haben? Unsere Online-Redakteurin hat Clubhouse für euch unter die Lupe genommen.

Ein Austausch auf neuer Ebene

Wer hat nicht Podcasts während des letzten Jahres für sich entdeckt? Der Erfolg hinter diesem Format ist, dass wir nie wieder etwas tun müssen, ohne etwas zu tun. Egal ob Joggen, der Abwasch oder Einkaufen: Durch Podcasts können wir unsere Zeit noch ein bisschen effizienter nutzen. Doch was ist, wenn ein Podcast live wäre, wie eine Radioshow und wir durch virtuelles Handheben selbst zum Teil davon würden? Genau die Frage scheinen sich auch die Clubhouseentwickler in San Francisco gestellt zu haben, denn in aller Kürze ist dies die Idee der App. Dabei folgt sie dem gängigen Aufbau sämtlicher Social Media-Plattformen. Es wird ein Profil angelegt, auf denen neben der Bio auch ersichtlich ist, wie viele Follower der User hat und wie vielen er folgt. Bei der Anmeldung werden verschiedene Interessensfelder abgefragt, die neben Lifestylekategorien auch Businessthemen wie Venture-Capital, Crypto oder Entrepreneurship beinhalten. Klar, dass solche Themen auch richtige Hochkaräter aus Politik wie der Gründer- und Influencerszene anziehen.

In verschiedenen Rooms, die themenspezifisch benannt werden, finden dann ein Austausch mit Besetzungen statt, die wir normalerweise nur aus Fernsehtalkrunden kennen. Aufregend ist dabei die Interaktion mit den Zuschauern. „Mittendrin statt nur dabei“ ist das große Potential, das viele in der Plattform sehen.

Nur wer im Club ist, ist im Club

Nach einem Wochenende-Speedtest können wir bestätigen: Es ist schwierig, diese App wieder zu verlassen. In immer wieder neuen Räumen kommen immer wieder neue Menschen zusammen, die Interessantes zu erzählen haben. Neben der einfachen Handhabe ist es vor allem der Umgang mit den Menschen revolutionär. Jeder Nutzer der App meldet sich mit seinem richtigen Namen an. Das reduziert schon von vornherein, dass sich hinter Pseudonymen versteckenden Trolles unqualifizierte Beiträge abgeben. Zudem liegt ein großer Wert im gesprochenen Wort. Die Hemmschwelle, jemanden verbal zu beleidigen, ist viel höher, als einen unbedachten Kommentar zu schreiben. Die Kommunikation hat somit den höchsten Stellenwert in der App. Zudem gibt es aktuell weder Werbeeinblendungen noch Unternehmen selbst, die die Plattform für Werbezwecke nutzen können. Im Vordergrund stehen die Personen, die für Unternehmen arbeiten oder die Interessantes erlebt haben.

 Allerdings haben die User schon jetzt einige Befürchtungen in Bezug auf die App, die wir euch nicht vorenthalten wollen. Vielen Talks fehlt die Struktur, denn die Moderatoren, die die Räume erstellen, in denen diskutiert wird, haben oft gar keine Erfahrung darin, Wortbeiträge mehrerer Menschen zu managen. Das führt dazu, dass es immer wieder zu langen Vorstellungsrunden kommt, die oft vom eigentlichen Thema des Raumes abschweifen. Das ist grundsätzlich nicht schlimm, da stetig neue interessante Themen besprochen werden, verwirrt jedoch, wenn man gerade erst den Raum betreten hat und somit eine Weile benötigt, um dem Gespräch folgen zu können. Das führt dazu, dass man unentschlossen zwischen den einzelnen Räumen hin und herspringt. Da die App aktuell noch nicht so viele Nutzer hat und es somit nur wenige deutschsprachige Räume gibt, ist die Gefahr überschaubar. Trotzdem sehen wir die Gefahr, dass der Mehrwert verloren geht, sobald der Moderator den Überblick verliert.

Zudem ist Diversity ein Thema, das die Nutzer immer wieder beschäftigt. Die App lebt von den verschiedenen Blickpunkten, die in den Gesprächen diskutiert werden. Bei einer durch User geleiteten App besteht somit die Gefahr, dass in den Gesprächsrunden Menschen ähnlicher Ansichten zusammenkommen und keine richtige Diversität entsteht, sondern nur eine, die die eigene Bubble vortäuscht. Eingefahrene Ansichten werden dadurch nur noch gefestigt, denn er Eindruck wird erweckt, dass „alle“ diese ja teilen. Aktuell steht offen, ob die Entwickler weitere Funktionen freischalten, die das Bilden von Meinungsblasen hindert.

Darüber hinaus ist es sehr schade, dass der Launch der App nur von Apple-Usern begleitet werden konnte, da der Download nur über den Appstore möglich ist. Eine große Gruppe von Menschen wurde somit von vornherein ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang kann auch das Prinzip „nur wer eingeladen wird, ist im Club“ kritisch hinterfragt werden. Zwar ist die Idee nett, dass sich derjenige, der einlädt, um „seine“ User kümmern soll, um den Einstieg zu erleichtern, jedoch hat dieser Hauch von Exklusivität einen faden Beigeschmack, wenn doch die Menschen mit ihren diversen Meinungen im Mittelpunkt der App stehen sollen.

Unser Fazit ist, dass den Entwicklern mit Clubhouse ein fulminanter Launch gelungen ist. Es hinzubekommen, dass jeder über eine App spricht, die einen so auserlesenen Nutzerkreis hat, ist wirklich eine Marketinghöchstleistung. Ob die App ihren Suchtfaktor behält, wenn sie den Reiz des Neuen verloren gegangen hat, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen.