Nach einem Wochenende-Speedtest können wir bestätigen: Es ist schwierig, diese App wieder zu verlassen. In immer wieder neuen Räumen kommen immer wieder neue Menschen zusammen, die Interessantes zu erzählen haben. Neben der einfachen Handhabe ist es vor allem der Umgang mit den Menschen revolutionär. Jeder Nutzer der App meldet sich mit seinem richtigen Namen an. Das reduziert schon von vornherein, dass sich hinter Pseudonymen versteckenden Trolles unqualifizierte Beiträge abgeben. Zudem liegt ein großer Wert im gesprochenen Wort. Die Hemmschwelle, jemanden verbal zu beleidigen, ist viel höher, als einen unbedachten Kommentar zu schreiben. Die Kommunikation hat somit den höchsten Stellenwert in der App. Zudem gibt es aktuell weder Werbeeinblendungen noch Unternehmen selbst, die die Plattform für Werbezwecke nutzen können. Im Vordergrund stehen die Personen, die für Unternehmen arbeiten oder die Interessantes erlebt haben.
Allerdings haben die User schon jetzt einige Befürchtungen in Bezug auf die App, die wir euch nicht vorenthalten wollen. Vielen Talks fehlt die Struktur, denn die Moderatoren, die die Räume erstellen, in denen diskutiert wird, haben oft gar keine Erfahrung darin, Wortbeiträge mehrerer Menschen zu managen. Das führt dazu, dass es immer wieder zu langen Vorstellungsrunden kommt, die oft vom eigentlichen Thema des Raumes abschweifen. Das ist grundsätzlich nicht schlimm, da stetig neue interessante Themen besprochen werden, verwirrt jedoch, wenn man gerade erst den Raum betreten hat und somit eine Weile benötigt, um dem Gespräch folgen zu können. Das führt dazu, dass man unentschlossen zwischen den einzelnen Räumen hin und herspringt. Da die App aktuell noch nicht so viele Nutzer hat und es somit nur wenige deutschsprachige Räume gibt, ist die Gefahr überschaubar. Trotzdem sehen wir die Gefahr, dass der Mehrwert verloren geht, sobald der Moderator den Überblick verliert.
Zudem ist Diversity ein Thema, das die Nutzer immer wieder beschäftigt. Die App lebt von den verschiedenen Blickpunkten, die in den Gesprächen diskutiert werden. Bei einer durch User geleiteten App besteht somit die Gefahr, dass in den Gesprächsrunden Menschen ähnlicher Ansichten zusammenkommen und keine richtige Diversität entsteht, sondern nur eine, die die eigene Bubble vortäuscht. Eingefahrene Ansichten werden dadurch nur noch gefestigt, denn er Eindruck wird erweckt, dass „alle“ diese ja teilen. Aktuell steht offen, ob die Entwickler weitere Funktionen freischalten, die das Bilden von Meinungsblasen hindert.
Darüber hinaus ist es sehr schade, dass der Launch der App nur von Apple-Usern begleitet werden konnte, da der Download nur über den Appstore möglich ist. Eine große Gruppe von Menschen wurde somit von vornherein ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang kann auch das Prinzip „nur wer eingeladen wird, ist im Club“ kritisch hinterfragt werden. Zwar ist die Idee nett, dass sich derjenige, der einlädt, um „seine“ User kümmern soll, um den Einstieg zu erleichtern, jedoch hat dieser Hauch von Exklusivität einen faden Beigeschmack, wenn doch die Menschen mit ihren diversen Meinungen im Mittelpunkt der App stehen sollen.
Unser Fazit ist, dass den Entwicklern mit Clubhouse ein fulminanter Launch gelungen ist. Es hinzubekommen, dass jeder über eine App spricht, die einen so auserlesenen Nutzerkreis hat, ist wirklich eine Marketinghöchstleistung. Ob die App ihren Suchtfaktor behält, wenn sie den Reiz des Neuen verloren gegangen hat, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen.